klerikalismus

"Vom Übel des Klerikalismus" spricht Papst Francesco in aller Öffentlichkeit. Er sei "der fruchtbare Boden für diese Gräuel" des sexuellen Missbrauchs. Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, Ex-Präfekt der Glaubenskongregation in Rom, widerspricht ihm energisch: Die Ursache für den Missbrauchsskandal sei nicht der Klerikalismus, auch nicht die Pädophilie, sondern die "aggressive Homosexualität". Dass er selbst im Vatikan mit seiner Meinung wenig Gehör findet, stört den streitbaren Kardinal keineswegs. Für die "Hofschranzen" im Vatikan, so Müller, gelte "jede beiläufige Bemerkung von Franziskus, und sei es in einem Interview, als sakrosankt. Als hätte Gott selbst gesprochen".

Klerikalismus, verstanden als angemaßter Machtanspruch eines geweihten geistlichen Standes, ist zu einem Kampfbegriff innerhalb der katholischen Kirche geworden. Nach den weltweiten Skandalen des sexuellen Missbrauchs werden Forderungen nach generellen strukturellen Änderungen in der Kirche laut. Fragen werden gestellt, wie sie in dieser Grundsätzlichkeit bisher nicht formuliert wurden: Ist die monarchische Struktur der Kirche noch zeitgemäß? Bedarf es einer Gewaltenteilung in der Kirche wie in modernen demokratischen Verfassungsstaaten? Ist die Weigerung , Frauen zu Priesterinnen zu weihen, Ausdruck einer Jahrhunderte alten Misogynie, Frauenverachtung, der Kirche? Ist es nicht eine sinnvolle Forderung, zukünftig Priestern die Wahl ihrer Lebensform selbst zu überlassen?

Über diese Fragen hat der Autor mit Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, der Autorin und ehemaligen Nonne Doris Wagner und dem Schweizer Pastoralreferenten und Supervisor von Klerikern, Bernd Kopp, gesprochen.

Hier finden Sie den Podcast und das Manuskript zur Sendung:

Podcast (mp3)
Manuskript (PDF)

 

Interview mit Doris Wagner-Reisinger

Doris Wagner

Nach dem Abitur gehörte sie acht Jahre lang der "Geistlichen Familie Das Werk" an. In dieser Zeit erlitt sie verschiedene Formen geistlichen Missbrauchs. Ihre Erfahrungen hat sie in dem vielbeachteten Buch "Nicht mehr ich. Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau" festgehalten.

Seit 2017 wirbt sie in zahlreichen Vorträgen zum Thema vor Verantwortlichen und Seelsorgern um ein neues Bewusstsein für das Phänomen geistlichen Missbrauchs in der Kirche. In ihrem neuesten Buch bündelt sie Ihre Forschung zum Thema, sowie auch Einzelschicksale, und gibt so einen umfassenden Überblick über das Thema spiritueller Missbrauch in der katholischen Kirche.

Hier das vollständige Interview mit Doris Wagner-Reisinger:

Interview (mp3)